Es sollte nicht lange dauern, bis die durch Henri Nannen im August 1948 gegründete Illustrierte "Der Stern" mit ihrem ersten Fotoskandal aufwartete. Auslöser dazu war die fünfteilige Fotoserie Heinrich Heidersbergers Kleid aus Licht, die im November 1949 gedruckt wurde: Eine „Reihe von Aktphotos, die durch dem Objektiv vorgesetzte Raster und Schablonen nur notdürftig ihres Magazincharakters entkleidet worden sind“, wie eine echauffierte Leserbriefschreiberin kurz darauf sachkundig zusammenfasste. Solch freizügige Fotografien geböten sich jedoch angesichts der „Verantwortung vor der öffentlichen Moral“ für eine Illustrierte nicht. In seiner Bildstrecke, für die Heidersberger mittels einer aus einem Kochtopf selbst konstruierten Lichtkanone Loch- und Lamellenschablonen auf die nackte Haut eines weiblichen Aktes projizierte, changierte der Fotograf gekonnt zwischen Erotikaufnahme und fotografischem Experiment. Die so entstehenden grafischen Muster folgten den Formen des weiblichen Körpers und kleideten diesen mit Licht und Schatten auf bislang ungesehene Art. Ein Akt der Mimikry - im biederen Nachkriegsdeutschland ein Zuviel an Akt.